Für viele war es keine Überraschung mehr. Aber jetzt ist es amtlich: Hessens SPD-Vorsitzende Nancy Faeser will bei der kommenden Landtagswahl am 8. Oktober trotz Bundesministerinnenamt als Spitzenkandidatin antreten und Hessens Ministerpräsidentin werden. Damit würde zum ersten Mal eine Frau die Wiesbadener Regierung anführen. Dass eine Frau an der Spitze einer Landesregierung steht, ist allerdings längst nicht mehr ungewöhnlich und hat gerade bei der SPD schon Tradition: Genau drei Jahrzehnte vor Nancy Faeser war es ihre Parteifreundin Heide Simonis, die in Kiel Deutschlands erste Ministerpräsidentin wurde – und übrigens auch ziemlich lang blieb.
Zwei von den vier aktuellen sozialdemokratischen Regierungschefinnen hatte Nancy Faeser am vergangenen Freitag dann auch an ihrer Seite, als sie auf dem SPD-Hessengipfel in Friedewald einstimmig zur Spitzenkandidatin gekürt wurde: Manu Dreyer und Anke Rehlinger, zwei Power-Frauen, die in Rheinland-Pfalz und im Saarland erfolgreich die Landesregierungen führen und mit ihrer Bodenständigkeit und Beliebtheit Nancy Faeser sehr ähnlich sind.
Nancy Faeser hat von Kindesbeinen an miterlebt, was es heißt, Politik zu machen. Schließlich war ihr Vater Horst Faeser von 1967 bis 2001 im Schwalbacher Rathaus tätig, davon 14 Jahre lang als Bürgermeister. Kein Wunder also, dass die Tochter eines Kommunalpolitikers schon in jungen Jahren selbst in die Politik einstieg.
Bevor Bundeskanzler Olaf Scholz die Juristin und Expertin für Innenpolitik im Dezember 2021 in sein Regierungskabinett holte, saß Nancy Faeser gleichzeitig in Stadtparlament, Kreistag und Landtag. In Letzterem war sie Fraktionsvorsitzende und Oppositionsführerin. Sie ist hessische Parteichefin und aus langjähriger Verbundenheit zu ihrer Heimatstadt immer noch die Vorsitzende des Schwalbacher SPD-Ortsvereins. Wer sie kennt und das Glück hat, mit ihr zusammen zu arbeiten, der weiß, was die gut strukturierte 52-Jährige alles zustande bringt und schafft. Deswegen wird sie auch als Spitzenkandidatin keinesfalls ihr wichtiges Amt als Bundesinnenministerin vernachlässigen. Schließlich sorgen sich ihre Kritiker ja auch nicht um Arbeitspensum und Amtsführung des aktuellen hessischen Ministerpräsidenten und seines Wirtschaftsministers und Stellvertreters, die beide bekanntlich ebenfalls parallel zur ihren Jobs in den Wahlkampf ziehen.