Nachruf Heinz Partikel

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Wir haben ihm so viel zu verdanken

Im Januar starb Heinz Partikel im Alter von 94 Jahren. Hinter ihm liegt ein spannendes und erfülltes Leben. Als er Anfang der Siebzigerjahre mit seiner Familie nach Schwalbach zog, haben sicher die wenigsten gewusst, dass nun ein bedeutender Gewerkschafter und unermüdlicher Kämpfer für die gute Sache, für soziale Gerechtigkeit und bessere Arbeitsbedingungen unter ihnen weilt. Und ein großer Sozialdemokrat. Den jahrzehntelangen Einsatz für seine Partei und die Gewerkschaft teilte er übrigens mit seiner Frau Betty. Deswegen liegen bei ihnen zu Hause gleich zwei Willy-Brandt-Medaillen in der Schublade. Das ist die höchste Auszeichnung, die die SPD ihren Mitgliedern für besondere Verdienste vergibt und schon etwas Besonderes. 

Jahrzehnte zuvor war es auch die politische Arbeit, die das Paar zusammengebrachte. Auf einer Gewerkschaftstagung trafen Amors – wahrscheinlich rote – Pfeile erfolgreich ihr Ziel, viele Jahre bevor es Betty und Heinz Partikel mit Sohn und Tochter ins Schwalbacher Vogelviertel verschlagen hatte. 

Damals hatte Heinz Partikel schon sehr viel erreicht. Es ist seiner ausgeprägten Bescheidenheit geschuldet, dass das kaum jemand weiß. Mit großer Selbstverständlichkeit genießen wir heute die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Wir kennen es gar nicht anders. Doch die war keinesfalls schon immer da. Aber Heinz Partikel war da, als sie 1956/57 erkämpft wurde! Der gebürtige Danziger war nach dem Krieg nach Hamburg gekommen, 1947 in die IG Metall eingetreten und hatte zehn Jahre später entscheidenden Anteil am Kampf um die Lohnfortzahlung auch für die Arbeiterschaft. Es kam zu einem der längsten Streiks in der deutschen Geschichte. 114 Tage dauerte er – und war erfolgreich, erreichte doch die IG Metall dadurch die längst überfällige Gleichstellung mit den Angestellten. Heinz Partikel gehörte zur Streikleitung und zu den Verhandlungsführern. Rückblickend sah er darin das größte Ereignis seiner norddeutschen Gewerkschaftsarbeit. 

Ein vergleichbarer Erfolg gelang ihm zwanzig Jahre später in Hessen. Als Fachreferent der IG-Metall spezialisierte sich Partikel auf Arbeitsschutz und -medizin, machte die Asbestverseuchung und Krebsgefahr bestimmter Arbeitsplätze öffentlich und forderte Ursachenbekämpfung und Prophylaxe. Auch das ist für uns heute eigentlich selbstverständlich. Und selbstverständlich könnte man leicht ein ganzes Buch über das Leben und Wirken von Heinz Partikel schreiben. 

Er selbst machte wenig Aufhebens um seine Person, sein Wissen und sein Können. Trotzdem weiß aber gerade die Schwalbacher SPD, was sie an ihm hatte, nämlich nicht nur einen engagierten Stadtverordneten und stellvertretenden Ortsvereinsvorsitzenden, sondern v.a. ein großes Vorbild und einen Mentor, der auch den Jusos gerne mit Rat und Tat zur Seite stand. Und so waren es vor allem drei junge Genossinnen und Genossen, die im Haus Partikel ein und aus gingen. Der Polit-Nachwuchs hieß Nancy Faeser, Eyke Grüning und Alexander Immisch. Nicht nur ihnen wird Heinz Partikel sehr fehlen.