Haushaltsrede 2023

Haushaltsrede des Fraktionsvorsitzenden Eyke Grüning:

 

Sehr geehrter Herr Stadtverordnetenvorsteher,

liebe Stadtverordnete,

liebe Gäste,

die aktuellen Herausforderungen an Bund, Länder und Gemeinden, aber auch für uns alle als Gesellschaft sind immens. Statt einer Erholung von den Widrigkeiten der pandemischen Lage erlebten wir am 24. Februar 2022 einen Epochenbruch. Er hat uns in eine Zeit gestürzt, die wir nicht mehr für möglich gehalten haben: eine Zeit, gezeichnet von Krieg, Gewalt, Tod und Flucht, erfüllt von der Sorge vor der Ausbreitung des Krieges und einem Flächenbrand in Europa. Er stellt unsere Energieversorgung in Frage und droht, die Weltwirtschaft ins Wanken zu bringen.

Man findet diesen Krieg im Haushalt 2023 an einigen Stellen wieder, sei es in den deutlich gestiegenen Energiekosten, der Betreuung oder der Unterbringung von Geflüchteten. Sie werden ihn auch in den Folgejahren finden, vielleicht nicht mehr so leicht identifizierbar, aber die Folgen des Putin‘schen Angriffskrieges sowie auch die Kosten des Wiederaufbaus werden wir Europäer*innen zu tragen haben. Und auch in Schwalbach werden wir weiterhin die Folgen des Krieges spüren.

Ein Ende des Krieges ist leider nicht absehbar und jetzt kommt der Winter. Immer mehr Ukrainer*innen werden sich in ihrer Not auf den Weg in den Westen machen, sich vielleicht auch dazu entschließen, für ihre Familie eine neue Heimat zu suchen. Das kann uns auch hier in Schwalbach vor größere Herausforderungen stellen als die Erneuerung der Funktionshalle auf dem Waldfriedhof.

Ich bin den Schwalbacher*innen aufrichtig dankbar, dass sie die Stadt in einer zentralen Aufgabenstellung bislang so wirkungsvoll unterstützen – der Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Geflüchteten aus der Ukraine.

Man hat das Gefühl, dass mit den Krisen auch der Ton in unserer Gesellschaft rauer geworden ist. Ein Phänomen, das nicht nur Schwalbach betrifft, aber eben auch. Dem müssen wir gemeinsam entgegenwirken. Einen statt spalten. Oder, um es mit den Worten von Bundespräsident Steinmeier zu sagen: „Auch unsere Demokratie gehört zur kritischen Infrastruktur. Und sie steht unter Druck. Sie schützen können nur wir selbst. … Anstatt uns weiter auseinandertreiben zu lassen, müssen wir alles stärken, was uns verbindet.“

Das ist durchaus auch als ein Appell an die im Parlament vertretenen Parteien sowie die Schwalbacher Lokalzeitung zu verstehen.

Aber zurück zum Haushalt 2023: Erstmals erfüllen wir heute die gesetzliche Pflicht aus § 97 Abs. 3 HGO und beschließen den Haushalt für das kommende Jahr einen Monat vor Beginn des Haushaltsjahres. Ein herzliches Dankeschön schon einmal an dieser Stelle an den Bürgermeister Alexander Immisch, den Ersten Stadtrat Thomas Milkowitsch, den Magistrat und die Verwaltung, dass das geklappt hat. Damit stellen wir sicher, dass die Aufsichtsbehörde den Haushalt zügig freigibt und wir die Mittel entsprechend verwenden können.

Der Haushalt 2023 wird leider mit einem deutlichen Defizit von rund 7 Millionen Euro verabschiedet werden müssen. Dies war auch in den vergangenen Jahren so. Die geplanten, strukturellen Defizite sind Thema einer jeden Haushaltsrede der letzten Jahre. Meistens gelang es, das Defizit durch Gewerbesteuernachzahlungen auszugleichen. Dafür werden wir uns natürlich auch weiterhin mit aller Kraft einsetzen. Damit rechnen kann man aber leider nicht. Zu groß scheinen die Einschnitte durch die o.g. Krisen, zu schwer wiegt der baldige Wegzug von Samsung.

Dabei wurden die Hausaufgaben im Haushalt gemacht! Die Notwendigkeit einer Umsteuerung in der Schwalbacher Haushaltspolitik ist allen bewusst. Bereits letztes Jahr haben wir die Hebesätze für die Gewerbesteuer und die Grundsteuer erhöht und damit die Einnahmeseite der Stadt gestärkt. Aufgrund der hohen Inflation, die wir bereits im vergangenen Jahr hatten, wurden die Gebühren der Betreuung von Grundschulkindern in unseren tollen Schulkinderhäusern maßvoll angepasst. Dieses Jahr wurden die Friedhofsgebühren nach über zwei Jahrzehnten überarbeitet und, wo nötig, erhöht, um einen höheren Kostendeckungsgrad zu erhalten.

Der Magistrat hat dieses Jahr bereits vor Einbringung des Haushalts zur Beratung in der Stadtverordnetenversammlung deutliche Kürzungen gegenüber den Ansätzen des letzten Jahres vorgenommen. Alle Ämter müssen sparen. Um 10 Prozent sollten die Sach- und Dienstleistungen, soweit möglich, gekürzt werden. Tatsächlich kam am Ende eine Einsparung von 7,8 Prozent bei den Sach- und Dienstleistungen zustande. Das ist beachtlich!

Diesen Einnahmenerhöhungs- und Ausgabensenkungsbemühungen stehen leider erhöhte Umlagen des Kreises (Gewerbe-, Heimat-, Kreis- und Schulumlage) gegenüber. Auch die Gehälter und Löhne steigen aufgrund neuer Tarifabschlüsse. Ein weiterer Kostentreiber ist, wie auch bei den Privathaushalten, der erheblich gestiegene Energiepreis.

Unter diesen Voraussetzungen einen ausgeglichenen Haushalt zu beschließen, ist nur möglich, wenn man radikal alle freiwilligen Leistungen der Stadt beendet. Dazu war verständlicherweise weder der Magistrat noch die politischen Parteien im Parlament bereit.

Im Einzelnen:

Den größten Ansatz im Haushalt haben wir im Bereich Kinderbetreuung, mit rund 10 Mio. Euro. Das ist eine Investition in unser aller Zukunft und daher mehr als sinnvoll.

Ziel der Koalition ist die Reduzierung des Defizites beim Betrieb des Bürgerhauses. Auf über eine Million Euro beläuft sich der Zuschussbedarf. Hier möchten wir über eine Vermietung der Räumlichkeiten an Gewerbetreibende (z.B. für Seminare, Jahreshauptversammlungen) Einnahmen erzielen, die den Zuschussbedarf senken. Dazu soll vom städtischen Wirtschaftsförderer ein Konzept erstellt werden, wie das unter Berücksichtigung der bestehenden Vermietung, der Arbeit der Haustechniker ggf. durch gezieltes Mailing und andere Maßnahmen erreicht werden kann.

Die städtischen Immobilien sollen nach und nach im Hinblick auf ihre Wärmedämmung von einem Energieberater geprüft werden. Dazu sind im nächsten Haushalt zunächst 10.000 Euro vorgesehen.

Die großen Bauprojekte sollen ebenfalls im Jahr 2023 voranschreiten. 2023 soll die Ausschreibung der Projektsteuerungs-, Architekten- und Fachplaner-Leistungen für den Neubau der Feuerwehr und des Bauhofes begonnen werden.

Das Stadiondach soll im Jahr 2023 kommen. Sobald die notwendigen behördlichen Freigaben erfolgt sind, wird der Stadtverordnetenversammlung der Entwurf mit Kostenschätzung zur Beschlussfassung vorgelegt. Ein Baubeginn im Sommer scheint möglich.

Neu eingestellt wurden Mittel in Höhe von 75.000 Euro zum Erwerb von Belegungsrechten aus der Fehlbelegungsabgabe, um den Erhalt von bezahlbarem Wohnraum zu sichern und Einfluss auf die Vergabe der Wohnung zu haben.

Wir freuen uns trotz der schwierigen Zeiten auch auf positive Entwicklungen in unserer Stadt, z.B. auf den Fortschritt und die Verwirklichung verschiedener Projekte wie den Bau des Stadiondaches, der Fertigstellung des unteren Marktplatzes, den Neubau der Feuerwehr und die Zusammenarbeit mit dem Jugendparlament, dem wir auch bereits in diesem Jahr eine ganze Reihe toller neuer Ideen und Projekte verdanken.

Trotz immer steigender Aufgaben und Belastungen, wie z.B. der Umsetzung der Digitalisierung in der Verwaltung, gestiegener gesetzlicher Anforderungen, der Pandemie, der Aufnahme und Integration von Geflüchteten, bleibt die Anzahl der Beschäftigten bis auf eine Stelle auf dem Vorjahresniveau. Diese eine Stelle wurde mit Augenmaß geschaffen, um einen in 2023 mit der Ausbildung fertig werdenden Mitarbeiter in die Verwaltung aufzunehmen. Das ist insbesondere mit Blick auf die schwierige Lage bei der Rekrutierung von Arbeitskräften sinnvoll.

Ich bedanke mich ganz herzlich im Namen der SPD-Fraktion bei dem Magistrat und der gesamten Verwaltung für die Erstellung des Haushaltsentwurfes, die zur Verfügung gestellten Informationen und die Begleitung während der Haushaltsberatung. Darüber hinaus möchte ich mich an dieser Stelle ganz generell für die gute Zusammenarbeit im Jahr 2021 bei dem Magistrat und der Verwaltung bedanken.

Erfreulich sachlich verlief die Diskussion zum Haushalt im HFA. Dafür möchte ich mich ganz herzlich im Namen der SPD bedanken. Nach den schon seit einiger Zeit sehr hitzig und emotional geführten Diskussionen, war dies eine erfreuliche und nicht unbedingt zu erwartende Entwicklung.

Ich wünsche Ihnen allen und allen Schwalbacher*innen eine schöne Weihnachtszeit. Bleiben Sie bitte alle vorsichtig und gesund und kommen Sie gut ins Jahr 2023.

Die SPD wird dem Haushalt 2023 in der im HFA beschlossenen Fassung zustimmen.